Rente mit 63 und Mütterrente waren schon im Wahlkampf zwei Begriffe die in keiner Rede fehlen durften. Inzwischen hat die Bundesregierung einen ersten Entwurf vorgelegt. Erfahrungsgemäß wird sich inhaltlich noch einiges tun, bis das Gesetz in Kraft tritt. Gestritten wird über Sinn oder Unsinn der Reform jedoch schon jetzt heftig.
Dabei dreht es sich häufig nicht mehr um den Kern. Eine etwas differenziertere Betrachtung des Pro und Contra liefert die Süddeutsche Zeitung in einem aktuellen Kommentar. Ich möchte mich gerne der Sichtweise von Heribert Prantl anschließen. Mit diesem Gesetz werden die schlimmsten Ungerechtigkeiten der letzen Rentenreform etwas ausgebessert.
Den Umstieg von einer starren Altersgrenze zu einer Betrachtung nach Beitragsjahren finde ich längst überfällig! Manche Berufsgruppen wurden bisher schon mehrfach benachteiligt. Das sind typischerweise die Handwerksberufe. Aber z.B. auch der Bereich Pflege.
Natürlich kann niemand die Augen davor verschließen, dass die Menschen (zum Glück!) immer älter werden und damit auch länger Rente beziehen. Dem muss mit einer längeren Beitragszeit entgegengewirkt werden.
Aber weshalb sollten die Menschen gleich gemacht werden? Die Lebens- und Arbeitsbiographien haben sich dramatisch verändert.
Es gibt immer noch Erwerbstätige, die mit 17 ins Berufsleben einsteigen und durchgehend beschäftigt sind. Daneben gibt es aber auch Menschen, die an ihr Erststudium noch ein zweites anhängen, die ein Sabbathjahr verbringen, die in der Mitte des Lebens noch einmal komplett umsatteln, usw. Wenn man das direkt vergleicht, sind mit 65 im einen Fall 48 Beitragsjahre erreicht – im anderen Fall vielleicht nur 40. Weshalb sollen diese beiden Lebensrealitäten jetzt fest an eine Altersgrenze von 63, 65 oder 67 gekoppelt sein? Gerade die Tatsache, dass sich die Lebenswege immer deutlicher Unterscheiden zeigt, dass wir in ein neues System einsteigen müssen.
Das wird mit dem neuen Rentengesetz zwar auch nur teilweise erreicht - die Koppelung an das Lebensalter wird nicht ganz aufgehoben. Dazu kann man sich noch nicht durchringen. Aber es ist auf jeden Fall ein erster Schritt. Um das Rentensystem finanzierbar zu halten, wird man in Zukunft dann über eine Koppelung der Anzahl an Mindestbeitragsjahren für den vollen Rentenbezug an die Lebenserwartung sprechen müssen.
Gestritten wird aktuell noch, was zu den Beitragsjahren gerechnet wird. Aus meiner Sicht, muss es vor allem darum gehen, dass hart belastete Berufstätige früher in Rente gehen können. Deswegen sind auch in erster Linie nur Zeiten zu berücksichtigen, in denen tatsächlich aus einer Beschäftigung eingezahlt wird. Ergänzt werden muss das selbstverständlich um die Jahre der Kindererziehung und bis zu einer gewissen Grenze auch unverschuldete Arbeitslosigkeit. Ich persönlich bin nicht der Meinung, dass Zeiten der Arbeitssuche endlos angerechnet werden sollten, bin mir allerdings bewusst, dass dies in manchen Regionen Deutschlands auch wieder zu Härten führt. Das abzufedern kann die Rentenkasse jedoch nicht leisten. Hier sollte die SPD aber auf einige Maximalforderungen verzichten.
Auch die Mütterrente ist teilweise heftig umstritten. Aber auch hier gilt es eine Gerechtigkeitslücke zu schließen. Deswegen begrüße ich auch diese Initiative!
Was mir noch sehr wichtig erscheint, ist eine regelmäßige Überprüfung der Auswirkungen der Reform. Um die schon angedeutete Anpassung der Beitragszeiten an die Lebenserwartung umzusetzen, ist es wichtig in kurzen Abständen zu analysieren, wie sich der Stand der Rentenkasse, die Lebenserwartung und die Dauer der Rentenbezüge entwickeln.
Aus meiner Sicht muss der Gesetzgeber schließlich noch einen weiteren wichtigen Schritt gehen. Er muss die verschiedenen staatlichen Alterssicherungssysteme verschmelzen. Auch Beamte, Politiker oder Selbstständige sollten in einem System mit dem Rest der Republik geführt werden. Weniger auf Grund eines Kostenvorteils, als aus Gründen der Transparenz und Gerechtigkeit. Natürlich kann eine solche Überführung nur schrittweise erfolgen und muss gut vorbereitet sein. Aber auch dies gehört aus meiner Sicht zu einer Rentenreform dazu.
Enden möchte ich mit dem Appell, dass sich die Generationen nicht gegeneinander ausspielen lassen. Für die Alterssicherung gilt das Selbe, wie für die komplette Gesellschaft: Die Jungen brauchen die Alten und die Alten brauchen die Jungen – nur gemeinsam ist man stark!