53 Jahre Mitglied der SPD, 68 Jahre Mitglied der Gewerkschaft Textil und Bekleidung, Mitarbeit beim Aufbau der Ortsgruppe Frammersbach des Roten Kreuz, Mitgründung der Faschingsgruppe Hofreith, Mitgründung des Wandervereins, aktiver Feuerwehrmann und 17 Jahre Mitglied des Gemeinderates.
Und dazu natürlich seine Familie!
Mein Opa hatte wahrlich kein langweiliges Leben. 1924 im schlesischen Hartau geboren, musste er nach seiner Schneiderlehre den Zweiten Weltkrieg miterleben. Nach Einsätzen in Deutschland und Italien wurde er noch in den Afrikafeldzug geschickt.
Dort ist mein Opa in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten - was im Nachhinein auch als Glücksfall angesehen werden kann. Denn obwohl ihn die USA zum Arbeitseinsatz beordert, hat er doch von der relativ guten Behandlung durch die amerikanischen Militärs profitiert.
Als Opa im Herbst 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, war eine Rückkehr in den Geburtsort nicht möglich. Die Deutschen wurden vertrieben und waren auf der Suche nach einer neuen Heimat, wo sie sich niederlassen können.
Mit Erwin Desch hat er sich schon während der Kriegsgefangenschaft angefreundet. Über ihn war es möglich in die Region und schließlich nach Frammersbach zu kommen. Die Gemeinde ist über die Jahre zu seiner neuen Heimat geworden.
Mein Opa war immer sehr dankbar, wie die Flüchtlinge 1946 in Frammersbach aufgenommen wurden. Deswegen war im Gegenzug das Engagement für seine Mitmenschen auch selbstverständlich.
Zusammen mit seiner Emma, die er 1951 heiratete (Kinder Gisela und Roswitha, Enkel Stefanie und Christian) hat er ein gutes, langes und ereignisreiches Leben in Frammersbach verbracht.
Zur politischen Heimat wurde die SPD. Ihr gehörte mein Opa nicht nur 53 Jahre lang an, sondern begleitete auch verschiedenste Ämter im örtlichen Vorstand. Unter anderem war das Kassieren der Mitgliedsbeiträge eine seiner Aufgaben.
Über die Liste der Partei gehörte er dem Marktgemeinderat 17 Jahre lang an. Das große Vertrauen der Menschen rührte sicher auch aus seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Betriebsrat und der damit verbundenen Unterstützung der Kollegen und Angehörigen. Die weitreichendste Entscheidung in dieser Zeit war wohl der Bau des Terrassenschwimmbades.
Das örtliche Vereinsleben hat mein Opa sehr tatkräftig unterstützt. Unter anderem durch die Mitgründung der Frammersbacher Ortsgruppe des Roten Kreuz und der Faschingsgruppe Hofreith.
Das Wagenbauen beim „Hanse Helmut“ ist eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen. Die Faschingsgruppe war und ist eine tolle eingeschworene Truppe und Opa war, solange er konnte, immer mittendrin.
Auch bei der Feuerwehr war er aktiv und Gründungsmitglied des Wandervereins. Sehr viel Freude bereitete ihm der Spielmannszug, weswegen dieser passiv unterstützt wurde. Noch an seinem 90. Geburtstag war das Ständchen der Musikanten für ihn eigentlich das wichtigste und schönste Geschenk.
Meine Großeltern waren in meiner Kindheit immer für mich (und meine Schwester) da. Mit meinem Opa habe ich viele Stunden beim Geschirrspülen (die Küche glich dann eher einem Schwimmbad) und im Garten verbracht. Wenn mich meine Eltern mal nicht beruhigen konnten. Mein Opa hat es mit Engelsgeduld geschafft.
Bis ins hohe Alter hat er sich um sein Obst und Gemüse in seinem Garten gekümmert. Neben dem Stammtisch in der „Strohbank“ war das eine schöne Freizeitbeschäftigung.
Altersbedingt war die Bewegungsmöglichkeit natürlich zunehmend eingeschränkt. Aber das hat nichts von der Lebensfreude genommen. Mein Opa hat sich immer über Besuch gefreut, Fußballspiele im TV angeschaut und das Leben in unserem Ortsteil beobachtet.
Am Donnerstag, 26.11.2015 hat er nun leider seine Augen für immer verschlossen und ist Helmut Schmidt gefolgt, den wir beide sehr verehrt haben. Die beiden sitzen nun da oben und schauen auf uns herab und hoffen, dass wir unser Leben in ihrem Sinne weiterführen.
Opa, mach’s gut. Du fehlst uns!