Rund um die laufenden Beratungen des Bundeshaushalts für 2020 ist sehr häufig der Begriff „Schwarze Null“ zu hören. Er steht für einen ausgeglichenen Haushalt, der ohne neue Kreditaufnahme auskommt und zeitgleich Altschulden tilgt.
Es geistert auch noch ein weiterer Begriff durch die Medien, die „Grüne Null“. Hierbei soll auch ohne Neuverschuldung investiert werden, jedoch mit dem Schwerpunkt auf ökologische Themen.
Ich möchte gleich vorwegschicken, dass ich mit beiden Begriffen nichts anfangen kann! Das hat mehrere Gründe:
Wir sind in der Pflicht, die Verschuldung einzudämmen. Aber, dies darf nicht dazu führen, dringend notwendige Investitionen zu streichen. In Anbetracht der aktuellen Kreditkonditionen wäre es fahrlässig, den zukünftigen Generationen eine verschlissene Infrastruktur zu hinterlassen sowie den Klimawandel weiter zu ignorieren.
Aus meiner Sicht hat die Diskussion über Verschuldung – oder eben nicht – leider nur wenig mit der Realität zu tun. In den vergangenen Jahren konnten die bereitgestellten Haushaltsmittel nie umgesetzt werden. Zu komplexe und langwierige Genehmigungsverfahren, Proteste gegen Projekte, fehlende Planungsbüros, fehlende Kapazitäten in der Baubranche, all das führt zu Verzögerung oder Streichung von Vorhaben.
Die Frage ist doch, würde mehr Geld, auch tatsächlich dazu führen, dass mehr umgesetzt wird?
Ich glaube es nicht. Dazu müssten einige Dinge verändert werden.
Die Anzahl der Hürden für Projekte muss verringert werden. Nicht nur während der Genehmigung, sondern auch bei Umsetzung und Nachbetrachtung. Kleine Verwaltungen sind aktuell oft überfordert. Kleinere Handwerksbetrieb nehmen lieber Abstand von der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. Das sollte uns zu denken geben.
Natürlich passt es aktuell nicht zum Zeitgeist. Aber auch gerade die naturfachlichen Vorschriften müssen auf ihre Wirksamkeit und Lenkungswirkung hinterfragt werden. Sie erschweren momentan manches Projekt. Nicht immer zum Vorteil für die Umwelt. Die Entsorgung von Bauschutt oder Erdaushub ist hier ein gutes Beispiel. Die Auflagen für kleine örtliche Anlagen kann man kaum noch erfüllen. Dann wird das Material eben quer durch den Landkreis befördert. Notfalls hunderte Kilometer weit.
Aber daneben müssen Behörden auch wieder schlagkräftiger aufgestellt werden. Wenn Projekte wegen Urlaub oder Krankheit aufgrund fehlender Vertretung wochenlang auf eine Stellungnahme warten, führt das in der Kette zu massiven Verzögerungen. Da mehrere Stellen gehört werden müssen, hat es immer auch Auswirkungen auf die folgenden Schritte und die Verzögerung potenziert sich.
Ich fordere aber vor allem auch eine bessere finanzielle Grundausstattung der Kommunen. Aufgrund der vielen Aufgaben, die inzwischen von Bund und Land auf die Städte und Gemeinde verschoben wurden, besteht ein wesentlich höherer Arbeitsaufwand, dem jedoch nicht in selben Maße Personal gegenübersteht, da es schlicht nicht finanziert werden kann.
Zudem fällt es vielen Kommunen trotz hoher Förderquoten schwer die notwendigen Eigenmittel bereitzustellen. Eine 80%-Förderung hört sich gut an. Wenn die 20%-Eigenanteil aber bei großen Projekten schnell mehrere Hunderttausend Euro erreichen, dann muss dies erst mal im Haushalt erwirtschaftet werden. In Anbetracht des gewaltigen Investitionsstaus bei Straßen, Kanal- und Trinkwasserleitungen oder Gebäuden (etwa Schulen), besteht hier für mich der größte Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass Kommunen wegen fehlender Eigenmittel keine Fördermittel abrufen und der Bund dadurch riesige Überschüsse anhäuft.
Deswegen benötigen wir erst eine Entbürokratisierungsinitiative, dann eine Personalaufstockung in den Genehmigungsbehörden und Steigerung der Finanzausstattung der Kommunen.
Wenn wir es dann tatsächlich schaffen, die Kapazitäten für mehr Investitionen zu schaffen, dann dürfen Zukunftsaufgaben nicht der Schuldenbremse zum Opfer fallen. Aber eben in dieser Reihenfolge, weil es sonst reine Haushaltszahlen bleiben.